Altes Kurfürstliches Gymnasium / Bensheim

TU Darmstadt: Gute Schüler zahlen keine Gebühren

Darmstädter Echo, 12.2.2008

Dieser Beitrag ist abgelaufen: 31. März 2008 00:00

Zehn Prozent der Studenten kann die Technische Universität Darmstadt von der Pflicht zur Zahlung der Studiengebühren befreien, das sind rund 1700. Da die TU sich dabei auf die Studienanfänger beschränkt, kommt von ihnen ein großer Teil in den Genuss der Befreiung: Das Verfahren läuft noch, aber bereits jetzt wurde laut TU-Sprecher Lars Rosumek fast 1200 der 3600 Studenten im ersten Semester eine Rückzahlung der gezahlten Gebühren in Aussicht gestellt. Läuft alles wie geplant, wird am Ende nur knapp jeder zweite Studienanfänger tatsächlich zahlen müssen.

Das Verfahren ist jedoch umstritten. Nachdem schon die Vorbereitung und die Verabschiedung des Gesetzes im Land von teils heftigen Protesten begleitet wurden, regt sich nun Unmut über die Modalitäten bei der Befreiung von der Gebührenpflicht. Denn bei weitem nicht jeder Student an der TU Darmstadt muss die Gebühren auch tatsächlich zahlen.

Etwa im Bachelorstudiengang Psychologie: 80 Studienanfänger haben sich hier zum Wintersemester immatrikuliert, 34 davon müssen in den ersten beiden Semestern keine Gebühren zahlen und sparen damit gegenüber ihren Kommilitonen 1000 Euro in ihrem ersten Studienjahr.

Grundlage für die Entscheidung ist die Note im Abitur oder Fachabitur. Darüber ärgert sich nicht nur Leonie Ebel, die seit Oktober in Darmstadt Psychologie studiert. „Ich finde es ungerecht, weil die Leistung im Abi gar nichts darüber aussagt, wie gut man im Studium ist“, meint sie. Zwar ist sie keine prinzipielle Gegnerin von Studiengebühren, wundert sich aber über die massenhaften Rückzahlungen: „Wenn sie nicht wissen, wohin mit dem Geld, könnten sie doch jedem etwas zurückzahlen.“

Die meisten derjenigen, die nun die Studiengebühren zurückerhalten, sind mit der jetzigen Regelung recht zufrieden. Marcina Romeick, die im gleichen Studiengang wie Leonie Ebel studiert, ging es anfangs ähnlich: „Erst mal habe ich mich total gefreut“, sagt sie, schränkt aber ein: „Ich finde es allerdings unfair, denn die Uni sollte ja darauf aus sein, dass sie den Studienerfolg fördert und nicht den Schulerfolg.“ Ihrer Ansicht nach sollten eher die Leistungen im Studium belohnt werden: „Das wäre für viele sicher ein Ansporn.“

Warum aber werden überhaupt so viele Erstsemestler von der Gebührenpflicht befreit? Hintergrund ist ein Passus im Hessischen Studienbeitragsgesetz, wonach zehn Prozent der Studenten an einer Hochschule keine Gebühren zahlen sollen, wenn „weit überdurchschnittliche schulische Leistungen nachgewiesen oder weit überdurchschnittliche Leistungen im Studium erbracht werden“. Welches System angewandt wird, also der Abiturschnitt oder die Studienleistung, liegt im Ermessen der Hochschulen. „Wir haben uns an der TU Darmstadt bewusst dafür entschieden, uns auf die Förderung der Studienanfänger zu konzentrieren“, erläutert Rosumek. Hintergrund ist, dass die TU trotz der Einführung von Studiengebühren für gute Abiturienten attraktiv bleiben wollte.

Abhängig von der Bewerberzahl zum Wintersemester wurde den einzelnen Fachbereichen eine bestimmte Anzahl an Studenten zugewiesen, die von den Studiengebühren befreit werden können. Danach wird in diesen Fachbereichen ein Ranking der Studenten nach Abitur- oder Fachabiturnoten gebildet.

Für den Fachbereich Humanwissenschaften an der TUD bedeutet dies, dass die Studienanfänger in den Fächern Erziehungswissenschaft, Sportwissenschaft und Psychologie auf eine gemeinsame Rangliste kommen. Davon wird nun die vorher bestimmte Zahl an Studenten bis zum entsprechenden Rangplatz ausgewählt.

Das führt zu mitunter schwer nachvollziehbaren Ergebnissen: Im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen/Maschinenbau beispielsweise wurden Studenten mit einem Abiturschnitt von 2,5 noch von der Beitragspflicht entbunden - was den gesetzlich geforderten „weit überdurchschnittlichen“ schulischen Leistungen kaum mehr entsprechen dürfte. Dagegen reicht in anderen Studiengängen selbst ein wesentlich besserer Schnitt nicht aus. „Das ist doch völlig undurchdacht“, findet Leonie Ebel.

„Wir haben bewusst keine fixe Abiturnote festgelegt“, meint Lars Rosumek, fügt aber hinzu: „Es wird sicherlich überprüft werden, ob sich das jetzige Modell bewährt.“

Möglicherweise bekommt die Diskussion über die vermeintliche Ungerechtigkeit bei der Gebührenpflicht bald ganz neue Rahmenbedingungen: Am Mittwoch (13. Februar) ist beim hessischen Staatsgerichtshof die mündliche Verhandlung der Normenkontrollklage der Landtagsfraktionen von SPD und Grünen sowie der Popularklage mit mehr als 70 000 Unterzeichnern. Nach Ansicht der Kläger ist das Studiengebührenmodell in Hessen nicht sozialverträglich und verstößt gegen Artikel 59 der Landesverfassung.

 

| 15.2.2008